Die Salut! Classic Bar in Berlin feiert ein wichtiges Jubiläum. Unser Autor, der die Bar seit Tag eins kennt, hält im Gespräch mit dem Betreiber Rückschau. Und einen Ausblick gibt es auch! Über eine Bar, die mit ihrer Entwicklung auch die Renaissance der Barkultur mit abgebildet hat.
Wie schnell doch so ein Jahrzehnt vergeht. Das bemerkte ganz plötzlich auch Barbetreiber Dejan Spasovski, dessen Salut! Classic Bar sich kraftvoll entwickelte. Von der kuriosen Tagesbar vor 10 Jahren hin zu einer anerkannten Stätte der Barkultur und vor allem einem illustren Tempel der Nacht und ihrer Schwärmer. Wer ist der mazedonische Mentor der Mixologie, der freundliche Schelm mit dem zu kleinen Hütchen? MIXOLOGY überrumpelte den Barbetreiber mitten in seinen Vorbereitungen zur großen Jubiläums-Sause, um Näheres zu erfahren.
2007 in Berlin. Damals ist die Bar 25 in aller Munde und es gehört einfach dazu, die zahlreichen Strandbars zwischen Jannowitzbrücke und Osthafen aufzusuchen. Der „Drinking-Man“ des Tagesspiegel beschwert sich über miese Drinks im The Curtain Club und viele Gäste empfinden 7 Euro für einen Cocktail als völlig überteuert. Aber Berlin hat bereits einige großartige Cocktailadressen. Beispielsweise Becketts Kopf, Victoria Bar, Saphire Bar, Reingold, Rum Trader und Windhorst.
ZWISCHEN BIOCHEMIE, EIERSCHALE UND KARMA
Aber es sind gar nicht diese Stätten der Trunkenheit, die Dejan Spasovski dazu inspirieren, selbst in die Materie einzusteigen. Stets war der sympathische Bartträger mit der Gastronomie in Berührung gewesen. Neben dem Studium kellnerte er. Um 1998 war die legendäre Eierschale in Dahlem sein Ort der Tablett-Balance. 1997 begann sein Studium der Biochemie. Spasovski erinnert sich an ein Praktikum bei Schering, dem damaligen Pharmakonzern in Wedding, und grinst breit: „Ich glaube, so habe ich ein Gefühl und Händchen bekommen für liquide Substanzen, Maßeinheiten und Pulversubstanzen. Kenntnisse, die mir später im Barbetrieb doch sehr nutzen sollten.“
Nach und nach überwog die Welt der Speisen und Getränke dann jene der Seminare und Dozenten. 2003 wurde er im Zollpackhof (damals noch als „Menardie“ gleich neben der Großbaustelle für einen neuen Hauptbahnhof gelegen) gastronomischer Leiter für den Getränkebereich und im Jahr darauf entwickelte sich eine Junior-Partnerschaft für das Restaurant Brachvogel in Kreuzberg, wo er dann drei Jahre, bis zum eigenen Barprojekt 2007, tätig blieb.
Die Entdeckungsreise in die Barkultur begann für Dejan aber an zwei studentischen Stationen zuvor: „Im Restaurant Wasserwerk in Wilmersdorf und im [mittlerweile geschlossenen; d. Red.] Kula Karma in Mitte erlebte ich erstmals Bartender, die mit hochwertigen Markenspirituosen und frischen Säften arbeiteten. Das war damals noch ein Novum in der Gastronomie und ich war beeindruckt. Zwar kannte ich manche der Cocktails, aber auf einmal ergab das Ganze einen völlig anderen Geschmack“, erläutert er. „Ich war beeindruckt von zwei Stunden Vorbereitungsarbeiten vor der Schicht. Irgendwie war das damals eine Umbruchzeit für die Barwelt an sich.“
SALUT! BAR BERLIN: MÜSLI IST AUCH EIN COCKTAIL
So ganz und komplett wollte sich Dejan damals mit dem Salut! noch nicht auf ein reines Barkonzept einlassen. Gemeinsam mit seiner damaligen Partnerin und kurz darauf auch Bartender Stefan Ketterer wurde zunächst ein Ganztages-Konzept umgesetzt. „Ab 9 Uhr gab es kleine Frühstücke mit Ei im Glas“, erinnert sich der Unternehmer, „und es gab Brotzeit, hausgemachte Baguettes, Smoothies und echt leckeres Müsli. Abends servierten wir dann Aperitivos, Wein und auch Longdrinks und Cocktails.“ Die gemixten Drinks wurden in dem Schöneberger Akazien-Kiez sehr gut angenommen, der zu diesem Zeit noch über keine immense Bar-Dichte verfügte.
Es kam zu ersten Kontakten in die Barszene, wie Dejan sich erinnert: „Es muss die Zeit der Eröffnung des Lebenstern gewesen sein, da kam der Bernhard Stadler immer wieder vorbei und wurde Stammgast. Die Gespräche mit ihm und sein Bar-Wissen mündeten in einen prägenden Prozess mit Austausch und Ausprobieren.“ Erste Eigenkreationen kamen auf die Karte und plötzlich entwickelte sich das Abendgeschäft mit den Cocktails immer besser: „Unser Eifer, zu lernen und die Mixkultur weiter zu erkunden, hat sich auf unsere Gäste übertragen. Wir haben hausgemacht, gekocht, eingelegt. Die Dynamik, die uns umgetrieben hat, konnten wir mit vielen unsere Gäste teilen. Manche der Gäste der ersten Stunde begleiten uns noch immer und haben ihre Namensschilder in Messing am Tresen.“ Dazu vergibt das Barteam an wertgeschätzte Gäste einen roten Schlüssel, mit dem sie die Tür zur Bar aufschließen und somit auf die Klingel verzichten können.
AUF, KINDER DES VATERLANDS
„Allons, enfants de la Patrie“, so lautete der Auftakt der französischen Nationalhymne. Das ist nun nicht das Musikkonzept der Bar mit dem französischen Namen. Aber das Gründungsdatum der Bar lässt sich leicht merken. Es war der 14. Juli, eben der Nationalfeiertag des Landes mit der Tricolore.
„Der Name?“ lächelt Spasovski. „Mittlerweile ärgere ich mich nicht mehr, wenn die Leute die sonderbarsten Aussprachen verwenden. Ich wollte das zum Ausdruck bringen, was heute an der goldenen Barwand geschrieben steht: Salus – Salutis. Also Wohlbefinden und Gesundheit. Als wir September 2011 von nebenan in die aktuelle Location gezogen sind, habe ich kurz überlegt, den namen im Rahmen des Neuanfangs zu ändern. Aber dann habe ich mich entschlossen, die Vergangenheit unbedingt mit einzubeziehen.“
Die ursprüngliche, viel kleinere Bar, befand sich damals im Nebenhaus. Dann wurde ein Kunst-Konzept-Laden nebenan frei. Das Frogland bestand fast ausschließlich aus Froschdarstellungen. Spasovski befreite den Raum von den Quappen und verwandelte ihn in eine herrliche Bastätte im Stile des frühen 20. Jahrhunderts aus Art-dèco und Jugendstil. Und hervorragenden Drinks.Von den Fliesen an der Ausenfassade über die historischen Lampen bis zu den Fotos an den Wänden, die weitestgehend dem Familienalbum des Barbetreibers entstammen. „Die Bar sollte klassisch und zeitlos sein“, stellt er klar.
Nachdenklich sinniert Spasovki all die Namen, die an seinem Tresen arbeiteten. „Es waren so viele wundervolle Menschen. Ich danke jedem, der hier seinen Fingerabdruck hinterlassen hat. Und vor allem meinem aktuellen Barteam, das mir so großartig den Rücken freihält“ Er wirkt schon ein wenig gerührt, wenn er auf sein Jahrzehnt zurückblickt. Zuletzt veränderten zwei turbulente Jahre sein Leben mit einer Eheschließung, zwei Kindern und der Eröffnung eines neuen Cafés – immerhin schreiben wir mittlerweile Zeiten, in denen in Berlin auch schon Bar-Insitutionen schließen.
Aber er blickt auch gleichsam nach vorne, womöglich auf die nächsten 10 Jahre: „Salut bleibt Salut! What you see is what you get. Die Bar behält ihr ehrliches Konzept. Wir werden täglich weiter inspiriert und das kann gerne auch die nächsten 10 Jahre so bleiben!“